Ein gesundes Maß an Perfektionismus finden

Übung
Versuchst du, Fehler um jeden Preis zu vermeiden und Aufgaben zu 100 % makellos zu erledigen? Prüfst du deine Arbeit auch noch ein drittes Mal und hältst dich eigentlich immer länger mit einer Aufgabe auf, als du ursprünglich vorhattest? Grundsätzlich ist das nichts Schlechtes, doch wenn das gesunde Mittelmaß regelmäßig nicht mehr gefunden wird, löst Perfektionismus übermäßigen Stress aus. Dann wird von ungesundem Perfektionismus gesprochen. In diesem Beitrag erfährst du mehr zum ungesunden Perfektionismus und findest Möglichkeiten, gesünder mit deinem perfektionistischen inneren Antreiber umzugehen.

Ungesunden Perfektionismus verstehen

Ungesunder Perfektionismus führt dazu, dass Menschen denken, ihnen dürften keine Fehler unterlaufen und sie müssten absolut unfehlbar sein. Fehler sind für sie ein Zeichen von Schwäche und sie schämen sich dafür, wenn ihnen einmal ein Fehler unterläuft. Ungesunder Perfektionismus kann auch bedeuten, dass Betroffene ihren eigenen Selbstwert von möglichen Fehlern abhängig machen. Sie werden immer ängstlicher und verkrampfter, aus Angst, ihnen könnte ein Fehler unterlaufen. Doch dieses Verhalten lässt sie nur noch unproduktiver werden. Denn Fehler um jeden Preis zu vermeiden bedeutet nicht nur, Risiken aus dem Weg zu gehen, sondern auch, viel Zeit und Energie zu verschwenden – zum Beispiel in penible und mehrfache Kontrollen der eigenen Arbeit.
Die Stimmen, die jemanden dazu bringen, hundertprozentige Perfektion ohne Rücksicht auf Verluste zu erreichen, werden auch innere Antreiber genannt. Aus verinnerlichten Gedanken (auch als Glaubenssätze bezeichnet) wie „Ich darf keine Fehler machen, sonst bin ich ein schlechter bzw. wertloser Mensch“ oder „Nur durch fehlerfreie Leistung erhalte ich Anerkennung von anderen“ entsteht so der innere Antreiber Sei perfekt – Mach bloß keine Fehler.

Gesunden Perfektionismus erreichen

Die folgenden Fragestellungen können dich dabei unterstützen, deine bisherigen Gedankengänge zu hinterfragen, neu zu sortieren und so auch einen gesünderen Umgang mit deinen persönlichen inneren Antreibern zu finden:
  • Wer bestimmt, dass ich keine Fehler machen darf?
  • Was könnte im schlimmsten Fall passieren, wenn mir ein Fehler unterläuft?
  • Was kann ich aus den Fehlern lernen?
  • Welchen Einfluss hat eine Denkweise wie „Ich darf keine Fehler machen, sonst bin ich ein schlechter bzw. wertloser Mensch“ auf mich und meine Leistung?
  • Woran lässt sich der Wert eines Menschen messen? Bin ich als Mensch weniger wert, wenn mir Fehler unterlaufen?

Positive Glaubenssätze bilden

Nachdem du dir diese Fragen gestellt hast, kannst du aus deinen Antworten Erkenntnisse ziehen, die dir in Zukunft helfen werden, konstruktiver mit deinen übermäßig perfektionistischen Zügen umzugehen. Solche Erkenntnisse könnten zum Beispiel die Folgenden sein:
  • Ich darf Fehler machen und aus ihnen lernen.
  • Ich gebe mein Bestes und das ist gut genug.
  • Mein Wert als Mensch definiert sich nicht nur an meiner Leistung, sondern zum Beispiel auch daran, ob ich hilfsbereit gegenüber anderen bin.
Solche positiven Glaubenssätze werden auch Erlauber genannt. Mit ihnen kannst du die negativen Antreiber-Glaubenssätze umkehren und so zu mehr Zufriedenheit finden.

Positive Glaubenssätze nutzen

Wenn du nachhaltig besser mit deinem Perfektionismus umgehen willst, solltest du deine persönlichen Erlauber-Sätze im Alltag stärken. Gerade in schwierigen oder stressigen Situationen werden Erlauber von den eigenen inneren Antreibern übertönt. Deine Aufgabe besteht deshalb darin, deinen Erlaubern im Alltag immer wieder Gehör zu verschaffen.
Um das effektiv zu schaffen, ist es hilfreich, wenn du dir bewusst darüber wirst, in welchen Situationen deine Antreiber besonders präsent sind. Welche Hinweise auf innere Antreiber findest du in deinen Gedanken? Denn nur, wenn wir uns selbstreflektiert und kritisch mit unseren Antreibern auseinandersetzen, können wir sie Schritt für Schritt durch neues Verhalten ersetzen. Hierfür kann es auch hilfreich sein, eine Woche lang eine Strichliste zu führen, um ein Gefühl dafür zu bekommen, wie häufig dir die Antreiber im Alltag begegnen. Anschließend kannst du dir einen Zettel und einen Stift nehmen und eigene Erlauber-Sätze für dich formulieren. Sorge dann dafür, dass du sie im Alltag häufig siehst. Nutze zum Beispiel eine Erinnerungsfunktion deines Kalenders oder Smartphones, um dir die Erlauber regelmäßig durchzulesen und dich so an sie zu erinnern, oder sage sie dir auf, wenn du dich wieder wegen deines Antreibers gestresst fühlst.

Zusätzliche Tipps

Nun hast du erfahren, wie du dich am besten hinterfragen und positive Glaubenssätze bilden kannst, um deinen Antreibern etwas entgegenzusetzen. Abschließend findest du hier noch drei generelle Tipps, die dich bei einem gesünderen Umgang mit deinem Perfektionismus unterstützen können:
  • Mache dir bewusst, dass du als Mensch wertvoll bist, unabhängig davon, wie viele Fehler du machst. Versuche, Kritik an deinen Leistungen von Kritik an deiner Person abzugrenzen.
  • Versuche schrittweise, dich selbst und anderen gegenüber eine wohlwollendere Haltung einzunehmen.
  • Versuche einmal, etwas bewusst nicht perfekt zu machen und das Gefühl auszuhalten.

Wenn du diese Tipps, Reflexion und deine eigenen Erlauber in deinen Alltag integrierst, wirst du es sehr wahrscheinlich schaffen, besser mit deinem (ungesunden) Perfektionismus umzugehen. Benötigst du trotzdem weitere Unterstützung, um mit deinem perfektionistischen oder anderen inneren Antreibern umzugehen? Dann stehen dir unsere diesbezüglichen Beiträge sowie die hier angegebenen Ansprechpersonen gerne zur Seite.
Dieser Artikel wurde von Evermood erstellt und zuletzt am aktualisiert.
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